Weiterhin strahlt die Sonne über der gesamten Schweiz und weiterhin ist keine Änderung in Sicht. Ja, es ist eindeutig klagen auf höchsten Niveau, aber so langsam werde ich wirklich unruhig. Meine Snowboards liegen jetzt schon auf dem Teppich und heute morgen bin ich doch glatt auch in die Schuhe geschlüpft und habe die Bindung schonmal eingestellt.
Doch wie auch in den letzten Wochen lautet die Devise, wenn ich nicht Ski fahren kann, dann gehe ich eben zu Fuß die Natur bewundern:
Am Samstag vor zwei Wochen bin ich durch ein lokale Weingegend gelaufen (Gland), mit einem Glas und einem Rucksack voller Essen.
Von einem Weinkeller in den nächsten und wenn der Wein gut war, dann bleibt man eben ein bisschen länger. Es war eine offizielle Weinprobe der ganzen Region und natürlich war ich nicht alleine unterwegs. Viele Austauschstudenten haben sich viel Alkohol für wenig Geld nicht entgehen lassen. Der viele Wein hat aber nicht wirklich glücklich gemacht, denn wenn man an jedem Keller einen anderen schlürft werden die Geschmacksnerven ganz schön hart rangenommen. Interessant war es jedoch die Leute hinter der Theke zu sehen. Die Gutbesitzer erzählen natürlich gerne von ihrem Wein und schmecken tat er einigen anscheinend auch. So war mein gebrochenes Französisch schon fast auf einer Ebene mit dem der lallenden Gutsherren. Dem Betrunkensten habe ich dann auch seine feinste Flasche abgekauft. Eine Symphonie d’Automne für einen für die Schweiz sehr üblichen Preis. Jetzt verstehe ich auch warum mein Mitbewohner immer Französische Weine trinkt.
Ziemlich niedergeschlagen bin ich wieder zuhause angekommen, habe mich aber nichtsdestotrotz wieder auf den Weg zum Jazzfestival JazzOnze gemacht. Habe ich schon mal erwähnt, dass in Lausanne immer etwas los ist?
Dieses Wochenende habe ich mich ins Skiparadies Zermatt begeben, zum Wandern. Mit dem Auto gings am Sonntag morgen um 7Uhr mit 4 weiteren Austauschstudenten los. Am Tag davor hatte ich schon mit der Touristeninformation gesprochen.
Fazit: Eigentlich sind fast alle Wanderrouten gesperrt. Es gibt noch drei 1h – 1.5h Wanderrouten auf maximal 2000m die geöffnet und begehbar sind. Die Schneegrenze sei bei 2300m und die Aufstiege vereist. Ich bin dann ins Internet gegangen und habe mir die ein oder andere Route ausgedruckt, die doch angeblich gesperrt sein soll nur für den Fall der Fälle. In Zermatt angekommen sind wir direkt in die Information, aber die Dame am Schalter war noch viel eingeschränkter als die Dame am Telefon. So haben wir vergeblich versucht Informationen über die gesperrten Wanderwege zu erhalten und sind erstmal losgestiefelt in ein Dorf namens Zmutt. Zmutt besteht aus 12 Holzschuppen liegt direkt hinter einem Staudamm, allerdings auf dem Südhang und ist völlig ausgestorben. Bis Zmutt haben wir 30 Minuten gebraucht, für eine mit 1.5h ausgeschriebene Strecke wohl ziemlich flott. Laut Touristeninformation war dies der längste begehbare Wanderweg und wir sollten hier umkehren…
Naja zum Glück sind wir jung, unerfahren und abenteuerlustig. Natürlich sind wir weiter gestiefelt mit dem Gedanken: Naja wir schauen mal wie der Weg wird und wenn es gefährlich wird kehren wir eben um. Aber gefährlich wurde es nie. Nach einem kurzen Ausflug auf den Nordhang, haben wir uns schleunigst anhand meiner ausgedruckten Karten einen Weg am Südhang gesucht. Mittlerweile ist es nämlich kalt geworden in der Schweiz und wir hatten um die 0°C. In der Sonne ist dass natürlich eine ganz andere Temperatur als im Schatten. So gingen wir immer weiter dem Matterhorn entgegen, bis wir doch auf den Nordhang mussten um den Aufstieg zum Schwarzsee zu beginnen. Bei 2200m gab es dann auch die erste Schneeberührung. Was zuerst nur wenige vereiste Flecken im Schatten waren wurde schnell zu einer geschlossenen Schneedecke. Plötzlich kamen die Gondeln in Sichtweite und uns war eigentlich erst klar, dass die Gondelstation unser Ziel sein würde als wir auf der noch unbefahrenen Piste standen. Auf 2600m, gefühlte 20 Meter vom Matterhorn entfernt wurde uns von freundlichen Holländern Bier serviert. Ich habe schon schlechtere Sonntagnachmittage verbracht.
Doch nach einer knappen Stunde mussten wir uns wieder an den Abstieg begeben. Der Abstieg war an einigen Stellen dann doch ein wenig eisig, aber zum Glück haben wir alle schadlos überlebt. Kurze Mitteilung an die lieben Touristeninformationenmitarbeiter: Wenn eine 5 köpfige Truppe, hochmotivierter Studenten anreist um Wandern zu gehen, sagt ihnen doch einfach wie es wirklich ist. Dass wir nicht 3h nach Zermatt gereist sind um eine Stunde spazieren zu gehen, ist doch völlig klar. Würdet ihr uns erzählen, wie die wirklichen Gegebenheiten sind könntet ihr viel mehr zu unserer Sicherheit beitragen.
Um 17:15 Uhr waren wir wieder in Zermatt eingetroffen und um 17:30 Uhr war es stock finster.
Ein perfekt geplanter (wenn auch nicht wirklich geplanter) Wandertag ging zuende.
Am Ende dieser Woche bin ich seit 3 Monaten in Lausanne. Ich habe irgendwie jegliches Zeitgefühl verloren. Viele zählen schon die Tage weil sie im Januar schon wieder in ihrer Heimat sein werden. Da bin ich wirklich glücklich, dass ich ein ganzes Jahr hier bin. Wenn ich jetzt schon wieder an die Abreise denken müsste… Ich habe häufig das Gefühl ich bin noch gar nicht richtig angekommen. Viel habe ich zurückgelassen… und obwohl ich durch meine früheren Auslandsaufenthalte eigentlich genug Erfahrung gesammelt haben sollte, muss ich hier doch in vielen vielen Situationen feststellen: Aller Anfang ist schwer…