Ressurection Path

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Am Start habe ich erstmals das Wanderbuch aufgesucht. Dort soll sich jeder Wanderer eintragen, damit die Ranger wissen wie weit man gehen wird und wer sich auf dem Trail befindet. Leider hat sich niemand eingetragen an dem Tag. Auch auf dem Trail sollte sich niemand befinden. Schlecht fuer meine Nerven! Der Parkplatz war auch noch nicht sooo voll:

Nach 2h im Auto sitzen und warten, habe ich entschieden los zu laufen. Die ersten beiden Huetten waren ja ausgebucht und dann wuerden schon noch Leute kommen. Auf gehts, hier der Weg von Hope nach Cooper Landing auf der Karte.

Nach ca. 500m war der Handy empfang weg, nach ca. 1000m habe ich die ersten Baerentatzen gefunden. 

Bärentatze

Wenn mich mein Halbwissen nicht taeuscht sind dies Schwarzbaerentatzen. Schwarzbaeren sind hier die gefaehrlichsten, denn sie werden von Grizzlies angegriffen (und gefressen) und haben damit ihren Alpha Status verloren. Noch gefaehrlicher sind wohl Elche mit Nachwuchs. Elchspuren habe ich schon nach ca. 200m gesehen. Perfekt. 

Ich bin allerdings immer bewaffnet unterwegs mit Bearspray (Pfefferspray fuer Baeren) und einem kleinen Gloeckchen. Man soll sich permanent unterhalten, damit man die Baeren nicht ueberrascht und damit sie wissen, dass Menschen kommen. Nur ueberraschte Baeren seien gefaehrlich. Allerdings ist das in einem dichten Wald, wenn man ganz alleine ist nicht so einfach. Ich habe also andauernd “Hello Bear” (unkluger Ausruf, denn andere Wanderer könnten es falsch verstehen) und “I’m coming along” gerufen und mein Glöckchen klingeln lassen. Ehrlich gesagt: Ich habe in meinem Leben noch nie so viel Angst gehabt wie auf dem Weg. Zum Glück war die erste Etappe eine kurze und nach 3h Stunden war ich an der Hütte. Allerdings war dort kein Mensch. Der Weg war relativ schlicht immer entlang des Flusses und durch den Wald. Ich hatte allerdings auch nicht die Ruhe um die Natur zu geniessen.

An der ersten Huette hiess es Holz suchen, sägen, hacken, Ofen anschmeißen, Essen kochen und auf die anderen Wanderer warten… und warten… und warten…. Naja dann halt alleine schlafen.

Die erste Nacht war nicht meine Beste. Wenn ich mir nicht in meinen Angsttraeumen Dinge eingebildet habe, gab es sogar ein Erdbeben in der Nacht (sind hier sehr haeufig und das Internet bestaetigt tatsaechlich ein Erdbeben der Stufe 3 in der Naehe, gerade nachgeschlagen). Es war eine unruhige Nacht. Der zweite Tag war schon besser. Weniger Angst, aber immer noch eine hohe Anspannung. Es ging weiter entlang des Ressurection Creek durch die Waelder immer begleitet von Wolfsspuren, Baerenspuren und Elchspuren. Auch an der 2ten Huette war das Ritual das gleiche und keine Menschenseele zu sehen. Allerdings setzte gegen spaeten Abend der Regen ein.

Am 3ten Tag sollte es auf den Pass gehen und ich wollte früh los um den gefrorenen Schnee zu nutzen. Um 7 Uhr wurde es aber immer nebliger und der Regen stärker. Ausharren. Um 10 Uhr war ich kurz davor wieder zurück zu laufen, denn es war so neblig, dass ich ungern auf einen Pass gehen wollte, ohne Empfang, ohne Sicht, ohne Menschen dafür aber mit Schnee, Regen und den Tieren. Allerdings war der Gedanke die zwei Tage durch den eher langweiligen Wald umsonst gelaufen zu sein doch zu abstoßend. Ich hatte zwar Lebensmittel für einen weiteren Tag dabei, allerdings war ich weiterhin leicht unruhig und konnte mir nicht vorstellen es einfach komplett auszusitzen. Ich wusste ja nicht mal, ob der Pass überhaupt begehbar wäre. Die Auskunft des Rangers vor meinem Aufbruch war: “Es ist schon mal einer gegangen dieses Jahr.” …. super Auskunft… Weiter warten also. Ca. 11 Uhr hat sich der Nebel gelichtet und der Regen nachgelassen. Jetzt oder nie habe ich gedacht und bin losgestiefelt. Direkt hinter der Hütte habe ich die Schneeschuhe angezogen, allerdings war von hartem Schnee nach dem ganzen Regen nichts mehr übrig. Also durch die Matsche. Das Wetter wurde zum Glück immer besser, der Weg allerdings beschwerlicher.

Der Nebel direkt an der Hütte

Am Start des Passes angekommen, schien die Sonne, die Ptarmigans (Schneehuhnart) quakten und ich hatte endlich freie Sicht und konnte ausschliessen einen Bären hinter der nächsten Wegbiegung zu überraschen. Allerdings verschwand der Weg auch unter der Schneedecke und ich bin immer wieder bis zu den Knien eingebrochen, trotz der Schneeschuhe. 

Die Schuhe waren bald durchnässt und die Kraft ließ nach. Allerdings war es auch traumhaft schön auf dem Pass und die Sonne war die meiste Zeit draußen, was mich immer weiter antrieb. An der Hütte (nach 5h angekommen für eine Strecke für die ich normalerweise unter 3h benötigt hätte) war es bereits ca. 16Uhr und natürlich war auch hier kein Mensch, und wohl auch schon seit März keiner mehr gewesen, wenn man dem Buch auf der Hütte glaubt. Wer geht schon im April oder Mai wandern in Alaska…Zum Glück geht die Sonne hier erst um 22Uhr unter.

Da es auf der Huette nur einen Benzinofen gab (logisch, denn da oben ist ja auch kein Holz) habe ich entschieden nach kurzer Pause weiter zu marschieren. Kurz in andere Kleidung gesprungen, Blasenpflaster auf beide Fersen und weiter. Der Weg wurde relativ bald wieder besser und auf der SUED-Seite lag auch deutlich weniger Schnee.

So war der Weg zur naechsten Huette deutlich leichter, allerdings war der Rucksack auch noch nie so schwer bislang. Auch an der schoenen Swan Lake Huette war natuerlich kein Mensch, allerdings war das Ambiente doch eher auf der traumhaften Seite:

Da ich am Tag 4 schon weiter war als vorher geplant, habe ich entschieden die Wanderung um einen Tag zu verkuerzen und am letzten Tag nochmal 21km zu laufen. Die Suedseite war um ein vielfaches schoener als die Nordseite und der Weg ging an vielen Seen entlang, die in der Morgenstunde noch zugefroren waren (tauten gegen Nachmittag an den Raendern auf).

Man glaubt es kaum, aber ich habe tatsächlich Menschen getroffen auf dem Weg. Zwei New Yorker (Vater und Sohn) waren auf Bärensuche. Sie sind wohl jedes Jahr unterwegs mit Zelt, Tarnanzügen und Ferngläsern um Bären aufzuspüren und sie zu beobachten. Natürlich hatten sie ein dickes Gewehr dabei und natürlich sind sie auch Jäger. Dort habe ich 30 Minuten Pause gemacht und sie haben mir in den weit entfernten Bergen zwei Elche gezeigt und eine Schwarzbärenmama mit drei kleinen Bären. Perfekt fuer mich sie durch das Fernglas zu beobachten.

Zum Abschied haben sie mir noch mitgeteilt, dass es Warnhinweise gebe bzgl. eines getöteten Elches in der Nähe meines Weges und ich solle das Bärenspray entsichern und im Anschlag halten, da dort sehr viel Aktivität gemeldet wurde. Perfekt… Da war ich doch gerade ein wenig ruhiger geworden. Allerdings sollte der Kadaver bereits 2/3 Wochen alt sein, daher wäre die Gefahr nicht ganz so gross. Tatsächlich habe ich an einer weiteren Stelle sogar einen starken Verwesungsgeruch wahrgenommen (verwunderlich nach 2-3 Wochen) und meine Schritte und Rufintervalle nochmals deutlich beschleunigt. Der Rest des Weges war allerdings in einem guten Zustand, von den schönen Seen und Wasserfällen gesäumt und frei von Bären, zumindest in meinem Sichtbereich. Am Ende des Weges habe ich dann folgendes Schild gefunden, neben dem Schild was den anderen toten Elchen ankündigte.. Das erklärt dann auch den Gestank (zwei Tage vorher).

Auf dem Parkplatz war ich sehr, sehr glücklich und auch ziemlich müde. Ich bin mit 3 verschiedenen Fahrern wieder zum Startpunkt getrampt und von dort bin ich nach Seward (auf der Karte oben ganz unten) gefahren. Da ich einen Tag abgekürzt habe, habe ich meinen Geburtstag also nicht auf dem Pfad verbracht, sondern sitze seither in einem bequemen Hotel. Glück für mich, denn es regnet in Strömen und der Wind pfeift mit starken Böen durch das Dorf (das wäre ein toller letzter Tag gewesen). Schade, so eingeschlossen zu sein an meinem Geburtstag, aber nach den wirklich aufregenden Tagen ist es auch eine Wohltat. Ich werde wohl umplanen und Richtung Norden aufbrechen, das Wetter soll dort deutlich besser sein. Hoffen wir, dass ich irgendwann ein paar coole Leute kennen lerne und nicht mehr alleine reisen muss.

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