Regen, Regen, Regen war auch das Motto der nächsten Tage. Und damit ist nicht nur ein wenig Nieselregen gemeint, sondern wirklich tropisch intensiver Niederschlag. Unser nächster Halt war die Eco Rainforest Lodge in Chachagua (auf “Eco” braucht man sich nichts einzubilden, so heissen hier irgendwie alle Rainforest Lodges). Als Petrus (oder heisst der hier Pedro?) gerade mal eine Pause einlegte, erkundeten wir auf eigene Faust den Wald um die Lodge herum. Wir sahen nicht viele Tiere, aber um ein Haar trat ich auf eine Tarantel (obs wirklich eine war, weiss ich nicht, sie war auf alle Fälle riesig), als ich einen Fluss überquerte. Ich war mir aber dessen nicht bewusst und Timo tat gut daran, mich erst auf das Viech hinzuweisen, als ich wieder trockenen Boden unter den Füssen hatte, sonst wäre ich womöglich vor Schreck in den Fluss gefallen.

Von nun an schickte ich Timo voraus. Ich wusste wohl, dass solche Spinnen hier leben, aber etwas nur zu wissen oder mit eigenen Augen zu sehen sind zwei paar Schuhe. Auf dem Weg zurück sahen wir noch viele Tucane und Papageien.
Am nächsten Morgen liessen wir uns dann von einem Guide herumführen. Nach dessen Ausführungen erachten wir uns als fähig, im Dschungel zu überleben. Okay, das war jetzt vielleicht ein wenig übertrieben, aber wir wüssten zumindest theoretisch, mit welcher ölhaltigen Pflanze man Feuer entfachen kann, welche Blätter man als Klopapier benutzen würde und mit Hilfe welcher Pflanze man sich nach dem Geschäft säuberlich die Hände waschen könnte. Wer weiss, ob uns dieses Halbwissen mal noch nutzen wird (ich hoffe ehrlich gesagt nicht). Ausserdem war der Guide wie wir ein grosser Faultier- Fan, aber im Gegensatz zu uns wusste er auch, wo man sie findet. Nie zu tief im Wald suchen, denn dort sind grosse Katzen, und die mögen die Faultiere zum Fressen gerne. Mit einer Fortbewegungsgeschwindigkeit von 300 Metern/Stunde ist das arme Faultier auch eine leichte Beute für alle seine Fressfeinde, von denen es aber zum Glück nicht viele in Costa Roca gibt (Nr. 1, ein grosser Adler, lebt hier nicht mehr). Und es kann sich auch verflixt gut verstecken. Einmal pro Woche verlässt es anscheinend die sicheren Bäume, um sein Geschäft zu verrichten. So trauten wir unseren Augen kaum, als es am selben Tag tatsächlich im Zeitlupentempo den Baum herunter kraxelte, bis direkt vor Timos Kamera! Was für ein Glück!


Neben den Tieren hatte die Lodge noch eine Farm angelegt, in der sie die einheimischen Früchte angepflanzt haben.
Kakao

Kaffee

Mamosa (ähnlich der Litschi)

Sternfrucht

Limetten (die übrigens immer unreif bei uns im Laden liegen und reif orange werden)

Ananas

Jakobsfrucht (glaube ich)

Allgegenwärtig sind auch die Leafcutter-Ameisen, die richtige Strassen durch den Dschungel freilegen und sich im Bau von dem Schimmelpilz der Blätter ernähren.


Auch ein wenig “Fleisch” hat Timo gegessen in Form von Termiten. Schmecken angeblich sehr holzig.

Besonders schön ist auch die Fackelingwer

Während ich diese Zeilen schreibe, liege ich übrigens in einer Hängematte direkt am karibischen Strand von Cahuita. Hierher sind wir nämlich vor dem Regen geflüchtet, und das Wetter scheint an den Küsten Costa Ricas tatsächlich meistens besser zu sein als im Landesinnern. Einen kurzen Zwischenstopp legten wir in Puerto Limón ein, der früher der bedeutendste Hafen des Landes war. Das sieht man auch heute noch, da sich schon weit vor Limón die Container stapelten, die nicht Zitronen, sondern vor allem Bananen in alle Welt transportieren.

In den Ort Limón verirrt sich selten ein Tourist, und uns war auch schnell klar, wieso. Die Stadt ist nicht schön, um es mal nett zu sagen, wenn auch kulturell nicht uninteressant.


In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts kamen viele Arbeiter aus Jamaica, um die Eisenbahnlinie von San José nach Limón zu bauen, die heute allerdings wieder stillgelegt ist. So ist die Bevölkerung der Stadt auch hauptsächlich jamaikanisch. Limóns Slogan lautet: “Lo mejor de Limón es su gente”, und dem können wir nicht widersprechen.
Cahuita liegt etwas weiter südlich und ist dank der karibischen Traumstrände bereits wieder viel touristischer, das macht uns zumindest die kulinarische Verpflegung leichter. Am Strand (das Wasser ist aufgrund der Regenfälle und Stürme leider nicht so reiseführermässig blau) sind uns viele Tiere begegnet: ein Faultier (das ausser Timo niemand erblickt hat- Timo hat echt einen beneidenswert guten Blick, was das Entdecken von Tieren angeht), zahlreiche Äffchen, die mit Vorliebe angeknabberte Mandeln auf die Touristen runter werfen, und Waschbären.



Als Letztere versucht haben, unsere Taschentücher zu stibizen, habe ich erst gar nicht verstanden, warum Timo wild fuchtelnd hinter ihnen hergerannt ist, bis er mich aufklärte, dass er unser Geld zwischen die Taschentücher gestopft hatte. Zum Glück waren die kleinen Diebe nicht so hartnäckig, aber von nun an badeten wir etwas weniger entspannt.




Am nächsten Tag besichtigten wir das Jaguar Rescue Center bei Puerto Viejo. Wir sahen leider keinen Jaguar, dafür (ausnahmsweise “leider”) eine Menge anderer Tiere. Diese werden nämlich alle verletzt oder als Waisen ins Center gebracht. Hauptquelle der Verletzungen sind Stromschläge (wen wunderts, bei dem Kabelwirrwarr, das sich durch Costa Rica zieht). Die Tiere werden dann von Tierärzten und vielen Volonteers (wer würde sich schon nicht gerne um Babyäffchen und Babyfaultiere kümmern??) wieder aufgepäppelt, damit sie dann, oder zumindest die meisten von ihnen, wieder in die Freiheit entlassen werden können.

Das Center finanziert sich ausschliesslich über die Besucher, und von denen sind auch zahlreiche erschienen. Wir haben viele neue Dinge erfahren, so z.B., dass Dreifinger- und Zweifingerfaultiere sehr unterschiedlich sind. Erstere kann man gar nicht in “Gefangenschaft” halten, sie sind sehr sensibel und sterben. Die beiden Arten haben sich bereits vor zig Millionen Jahren auseinander entwickelt, als sie noch gross wie Elefanten und auf den Hinterläufen unterwegs waren. Faultiere sind sonst eher schlecht erforschte Tiere, da es anscheinend sehr schwierig ist, sie über einen längeren Zeitraum in freier Wildbahn zu beobachten (wegen der Einschlafgefahr des Beobachters?). Es soll hier unzählige davon geben, eben wegen der fehlenden Fressfeinde, und für den Menschen sind sie zum Glück uninteressant: Ihr Fell ist nicht kuschelig weich, sie haben kaum Fleisch an den Knochen und als Jagdtrophäe wären sie wohl auch nicht sehr imposant. Übrigens, was passiert wohl, wenn ein Faultier stirbt? Nein, es fällt nicht vom Baum, sondern bleibt einfach hängen, da diese Haltung (gekrümmte Finger etc.) seiner Ruheposition entspricht.



Natürlich haben wir auch noch Interessantes über andere Tiere erfahren. Wir wissen nun, dass die lautesten Landtiere die Brüllaffen sind (von denen gibt es hier viele…) und dass deren Geschrei für Monster in zahlreichen Filmen (z.B. für die Drachen bei Game of Thrones) zweckentfremdet wird. Die sogenannten “Spidermonkeys” haben keinen Daumen, weil sie sich nur von Ast zu Ast schwingend fortbewegen. Raubkatzen gibt es in Costa Rica nicht viele, wir bekamen nur einen Margay zu sehen, der den passenden Namen “Diavolino” trug.

Diavolino kann leider nicht in die Freiheit entlassen werden, da er immer wieder ins Center zurückkehrt, welches er allerdings weniger als Rescue Center, sondern viel mehr als eine Art Buffet à discretion ansieht (leider hat er meist nicht die Früchte verspeist). Ihr merkt schon, ich könnte ewig über Tiere weiter erzählen, aber ich übergebe nun an Timo.


Timo: Bevor ich über die Erlebnisse schreibe, erstmal ein anderes Thema. Der Unterschied der Reise zu meiner Reise in Alaska ist bedeutend. In Alaska war ich alleine, musste mich nur um die eigenen Bedürfnisse kümmern und habe alle Entscheidungen mit mir selbst ausgemacht. Soweit absehbar und auch kein Problem. Dass ich die eingepackten zwei Wollhemden wohl erstmal nicht brauchen würde, hatte ich ebenso erwartet, aber wieso ich gedacht habe, mit 2 Shirts, einer Hose und einem Handtuch im Regenwald und am Strand bei über 80% Luftfeuchtigkeit überleben zu können, ist mir schleierhaft. Ich schwitze schneller als bei 15 Grad in Alaska, im Wald wird alles dreckig vom Matsch und der Regen durchnässt jegliche Kleidung. All diese Faktoren kann man durch häufiges Waschen ausgleichen, aber das Hauptproblem ist, dass die Sachen nach dem Waschen nicht trocknen. 4 Tage hat mein Shirt gebraucht zum Trocknen und es ist mit Polyesteranteil… Meinen Kocher habe ich noch nicht rausgeholt (habe nicht mal Gas), Flip Flops und Handtücher wurden gekauft und auch Zelt, Schlafsack, Jacken etc. werden nicht mal aus dem Auto geräumt.
Ebenfalls bin ich deutlich schlechter informiert und weiss über Costa Rica allgemein recht wenig. Allgegenwärtig sind die Warnungen vor Dieben und schlechtem Wasser. Ein Gefühl, das man erstmal überwinden muss. In Alaska war mein Risiko wahrscheinlich deutlich höher, aber da hatte ich immer das Gefühl, selbst zu bestimmen wie, wann und wo mir etwas passieren kann. Hier sind es wohl eher die Umstände oder andere Menschen, die zum Risiko beitragen. So musste ich mich erstmal gedanklich zurecht finden, als ich als einzig blonder Mensch in Limon durch den Ort schlenderte (natürlich in Flip Flops und Basketballshorts, wie es sich für einen echten Deutschen gehört). Nicht, dass es auch nur ansatzweise gefährlich schien, es geht nur um andere Gefühle gegenüber dem Gefühl, alleine im Wald zu stehen und zu wissen, dass ein anderer Mensch a) nicht da ist und b) auch niemals eine Gefahr wäre. Soviel zur anderen Reiseart.
Die Karibikküste scheint deutlich mehr entwickelt als die Nikoya-Halbinsel am Pazifik. Die Strassen sind in einem super Zustand und geteert, die Häuser sind meist aus Stein und es gibt richtige Ortskerne, im Gegensatz zu den verstreuten alleinstehenden Häusern im Westen. Auch die Obstplantagen sind deutlich grösser und der Lastwagenverkehr allgegenwärtig. Die Bevölkerung scheint allerdings nicht wohlhabender. Das Problem der vielen kleinen Bauern liegt an der Macht der Verarbeiter und Marken. Ich denke, es ist vergleichbar mit der Milchindustrie in Europa: bei den Produzenten kommt leider nichts an.
Hi Timo und Melanie,
sehr schön und interessant habt ihr den Blog geschrieben, so dass ich mich freuen würde ihn weiter mitlesen zu können. Hoffentlich geht es euch weiterhin gut und ihr genießt die Unterschiedlichkeit der lateinamerikanischen Länder. Timo, du hast dich hoffentlich mittlerweile besser eingekleidet, so dass du die T-Shirts durchaus auch ohne waschen mal wechseln kannst, von anderem ganz zu schweigen;);)
Die Betrachtungen über die Tiere fand ich sehr interessant, da ich Tiere auch sehr mag.
Seid herzlich aus Kreuzau-Üdingen gegrüßt
Maria und Albert