Unsere Fahrt von der Ostküste zurück an die Westküste war einmal mehr sehr abenteuerlich. Man sollte sich in diesem Land einfach immer an die Hauptstrassen halten, und scheint der Weg auch noch so viel länger (allerdings bleibt noch die Frage: welche ist die Hauptstrasse?). Aber als grosse Bergfreunde nahmen wir natürlich die vermeintliche Abkürzung durch die Berge. Eine sehr dumme Idee, doch immerhin kamen wir lange nach Einbruch der Dunkelheit und mit etwas strapazierten Nerven in Uvita an. Diesmal war es besonders strapazierend, denn die Schlammpiste, welche wir runter gerutscht sind, wären wir nicht wieder hoch gekommen. “One try only”. Zum Schluss, als es wieder mehrere Möglichkeiten gab, haben wir einen Fluss durchfahren, nur um 15m weiter vor einem 50m breiten Fluss zu stehen. Da haben wir dann umgedreht und einen anderen Weg gesucht.
In Uvita verbrachten wir zwei erholsame Tage am Strand. Am zweiten Tag buchten wir eine dreistündige Kayak- und Schnorcheltour. Der sympathische Guide “warnte” uns bereits am Anfang, die Tour dauere manchmal auch 4 Stunden. Uns begleitete noch ein amerikanisches Päärchen. Der eine wurde jedoch so seekrank, dass sie nach der Hälfte am Strand auf uns warteten.
Timo und ich fanden das Surfen im Kayak sehr witzig, obwohl wir natürlich kenterten und das Kayak gegen meinen Kopf schlug, sodass ich beschloss, für den nächsten Versuch doch den Helm aufzusetzen. Beim Schnorcheln sahen wir deutlich mehr und schönere Fische, als wir erwartet hätten, und die kurze Fahrt durch den Mangrovenwald war sehr idyllisch (hier überwand auch er Amerikaner seine Seekrankheit).
Der Guide brachte uns ausserdem bei, wie man eine Kokosnuss nur mit einem spitzen Stock und einem Stein schälen und öffnen kann, was Timo auch wirklich gelang! Unsere survival-skills wurden also nochmal perfektioniert. Die Tour dauerte dann übrigens 5 Stunden und endete im strömenden Regen, weshalb wir in Puerto Jimenez prompt zu spät kamen zum Treffen mit unserem Guide, den wir für das Corcovado-Abenteuer gebucht hatten.
Manchmal sind Bilder wirklich aussagekräftiger als Worte. Das gilt bestimmt auch für unseren 3-Tagesausflug in den Regenwald Corcovado, einen Regenwald mit einer ungewöhnlich hohen Zahl an Tieren und Pflanzenarten auf sehr kleinem Raum. Es leben 2.5% aller auf der Erde lebenden Spezies in diesem Park, laut National Geographic “the most intense place on Earth”. Lassen wir also erst die Bilder für sich sprechen…
Diese tolle Flora und Fauna entschädigte uns für die Strapazen, die die Wanderung mit sich brachte. Mit Sack und Pack (vor allem Timos Rucksack sah so aus, als würde er drei Wochen verreisen…) liefen wir unter der tropisch-feuchten Hitze 20 Kilometer in den Dschungel rein und am übernächsten Tag wieder raus. Dabei mussten wir feststellen, dass unsere Wanderschuhe doch eher für die Berge gemacht waren, als für Märsche über Sandstrände. Auf dem Hinweg hat unser Guide auch ein mehr als flottes Tempo angeschlagen. Er wollte rechtzeitig “über dem Fluss” sein, bevor die Flut kommt. Wenn wir das erstmal geschafft hätten, könnten wir es gemütlicher nehmen. Dumm nur, dass dieser Fluss erst 1.5 Kilometer vor Ende war, wie wir dann irgendwann herausgefunden haben. Als wir dort am Ufer ankamen, waren wir aber froh, nicht später dran zu sein. Das Wasser reichte uns auch schon so bis zur Mitte des Oberschenkels, und dass Krokodile im Fluss schwammen, erwies sich als kein Scherz, um arme Touristen zu foppen. Als wir jenseits des Flusses unsere Schuhe wieder anzogen, tauchte eins praktisch vor unserer Nase auf. Und je tiefer der Fluss, desto grösser die Krokodile… Das klingt jetzt natürlich gefährlicher, als es ist. Menschen gehören eigentlich nicht ins Beuteschema dieser Tiere, und wir waren ja nicht die einzigen, die den Fluss überqueren mussten. Immerhin würden wir ihn beim Rückweg im Dunkeln überqueren, da sieht man die Krokodile nicht.
Wir waren erleichtert…
In besonderer Erinnerung bleibt uns bestimmt auch der Nasenbär, der uns am Strand direkt entgegenspaziert kam. Als er aber an meinen Schuhen schnüffelte, wich er entsetzt zurück – ich konnte ihn verstehen.
Oder das junge Tapirmännchen, das etwas abgekämpft direkt neben dem Trail lag. Es hatte sich leider arge Bisswunden von einem Rivalen zugezogen.
Unser Guide fand zu unserem Überraschen die Wildschweine weit interessanter. Da war dann für einmal jeglicher Zeitdruck vergessen. Diese Tiere sind übrigens auch gefährlicher als die Pumas (“if they attack us, run in this direction”).
Einen Puma bekamen wir leider nicht zu Gesicht, aber das panische Gebrüll der Affen verriet uns seine Anwesenheit. Übernachtet haben wir in einer Lodge mitten im Urwald (leider trotzdem mit Internet). Um 20 Uhr ging das Licht aus, und wer die Schlafgeräusche der 50 anderen Leute ausblenden konnte, konnte sich von den wunderbaren Geräuschen des Dschungels in den Schlaf wiegen lassen (wem das wie mir nicht gelang, griff halt zu Oropax).
Als ich so unter meinem Mosquitonetz lag, dachte ich einmal mehr darüber nach, wie widersprüchlich doch die Menschen sind. Da mögen sie sich einerseits derart an Wildtieren erfreuen, und andererseits sind da die sogenannten Nutztiere, denen sie so schreckliche Dinge antun… ist Tier nicht gleich Tier?
Am Tag des Rückwegs hätten wir um 4.20 Uhr losmarschieren sollen, aber wir haben verschlafen, so dass wir dann wieder bis zum Fluss mehr oder weniger rennen mussten. Merkwürdigerweise sahen wir fast keine Tiere mehr, und das, obwohl unser Guide Oscar sonst jedes noch so gut versteckte Tier erspähte und uns durch sein Teleskop näher brachte. Aber wir sahen immerhin eine schöne, ungiftige Schlange, die sich auf der Suche nach Vogelnestern geschickt durchs Geäst der Bäume schlängelte.
Als wir im Hostel ankamen, stanken wir ähnlich wie das Tapir (ein Geruch, der in mir Heimatgefühle weckte, denn das Tapir gehört zur Familie der Pferde) und waren ausnahmsweise sehr glücklich über die kalte Dusche. Abends trafen wir noch ein deutsches Päärchen, welches wir auf dem Rückweg kennengelernt hatten und uns viele wertvolle Reisetipps für die weiteren Länder geben konnte, auf die wir uns nun sehr freuen. Nach drei letzten Tagen “pura vida” beim Nationalpark Manuel Antonio (paradiesische Strände!) soll es dann nämlich weitergehen nach Panama City.
Timo:
Ein Foto von oben hat eine tiefere Bedeutung. Zu sehen ist die Costa Rica Airforce:
Ebenfalls interessant sind die Costa Rica Bush Pilots, meist als Tandem unterwegs:
Ein Märchen, aber hier die Wahrheit: 1948 gab es Präsidentschaftswahlen in Costa Rica und der Oppositionsführer Ulate gewann mit 55.3% der Stimmen. Wie so häufig in vielen Staaten dieser Welt erklärte die regierende Partei die Wahlen für ungültig und bestätigte den regierenden Präsidenten trotz der Niederlage. Daraufhin kam es zum Bürgerkrieg, der in 44 Tagen ca. 2000 Todesopfer forderte. Unter dem Rebellionsführer Figueres wurde die aktuelle Regierung überworfen und das Militär auf die Seite der Rebellen gezogen. Dieser Figueres beschloss noch im gleichen Jahr, das Militär aufzulösen und das Budget für Bildung (1/3 des Gesamtbudgets), Kultur und Sicherheit umzuwidmen. Nach 1.5 Jahren Übergangsregierung hat Figueres das Präsidentenamt an Ulate, den Gewinner der ursprünglichen Wahl, übergeben. In meinen Augen ein wahrer Held. Heute hat Costa Rica eine Literacy rate (Lesen und Schreiben) von über 97%, die Schulen sind kostenlos und die Mittelklasse ist prozentual gesehen die Stärkste in ganz Mittel-/Südamerika. Die Zahlen überragen alle Nachbarstaaten um ein Vielfaches und auch Kriege hat es hier nicht mehr gegeben. Costa Rica nennt sich die Schweiz Mittelamerikas und an den Preisen gemessen stimmt das auch. Der Rest der Welt, auch die immer neutrale Schweiz, reduziert den Etat für Bildung und erhöht die Militärausgaben. Verdummung im wahrsten Sinne des Wortes.
Der aktuelle Präsident in Costa Rica wird sehr kritisch betrachtet, denn er rückt ab von dem natur- und einheimischunterstützenden Kurs seiner Vorgänger, um angeblich die Wirtschaft zu fördern. Er hat eine MwSt eingeführt, die den Armen mehr schadet als den Reichen und scheint die Vetternwirtschaft zu fördern. Ich weiss nicht viel mehr über seine Politik, aber von diesen Idioten scheint es momentan viele zu geben. Was erst passiert, wenn jetzt endgültig die nächste Weltwirtschaftskrise ausbricht?
In Manuel Antonio haben wir Costa Rica ausklingen lassen. Ein sehr touristischer Ort, der noch teurer ist als all die anderen und die Preise nur in US Dollar angibt. Er hat wie die meisten Orte in Costa Rica schöne Strände und Regenwald, daher würde ich ihn nicht weiterempfehlen. Der Tourismus (etliche Souveniershops und Verkäufer jeglicher Aktivitäten überall) hat die Natürlichkeit des Landes und der Einwohner verändert, das ist mir an anderen Orten nicht so aufgefallen. Wir haben hier eine Mangroventour gemacht durch einen Fluss, der nur bei Flut existiert und durch viele schöne Kanäle führt. Die Stimmung war sehr romantisch und auch die Tiere waren wieder wunderbar. Leider war diese Tour auch sehr touristisch und das auf Kosten der Tiere. Um dies nicht weiter zu unterstützen, belasse ich es bei diesen Worten und habe die Bilder passend gewählt.
Abschließend können wir sagen, dass Costa Rica eine Reise wert ist. Neben all der tolle Flora und Fauna haben uns besonders die Menschen beeindruckt mit ihrer Freundlichkeit und Natürlichkeit. Eine Reise sollte gut geplant sein (wenn nicht die Entdeckung des Landes das eigentliche Ziel ist), denn das Wetter kann einem so manch eine Erfahrung zerstören. Wir hatten nicht nur in Corcovado außergewöhnliches Glück