Peru 1

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Bevor ich über Peru schreibe, muss ich nochmals kurz zurück nach Ecuador. Unsere Ausreise aus Ecuador war noch beschwerlicher als unsere Einreise (cf. Blog “Ecuador”). Wir hatten bereits einen Nachtbus von Guayaquil nach Máncora, Peru, gebucht, doch es sollte anders kommen. Kurz vor unserer Ausreise hat der Präsident Ecuadors entschieden, die Subventionen auf Benzin zu streichen, worauf sich der Benzinpreis über Nacht verdoppelte. Massive Streiks mit Gewaltausschreitungen waren die Folge, die das Land quasi lahm legten. Auf den Strassen ging nichts mehr, und so fuhr natürlich auch kein Bus nach Peru, obwohl uns mehrmals das Gegenteil versichert worden war. Der Busbahnhof Guayaquils war voller ratloser, gestrandeter Reisender. Ein netter Mann bot uns an, uns zu einem vernünftigen Preis in seinem Auto zur Grenze zu bringen. Das Unternehmen scheiterte jedoch bereits nach einer knappen Stunde Fahrt an einer Strassenblockade aus Schutt und Erde, vor der die Lkws Schlange standen. Wohl oder übel mussten wir nach Guayaquil zurückfahren. Unterwegs luden wir noch weitere Reisende auf, die dankbar um die Mitfahrgelegenheit waren. Jetzt war guter Rat teuer. Der einzige Ausweg aus Ecuador war derjenige durch die Lüfte, aber die Flugpreise waren natürlich bereits absurd in die Höhe geschnellt. Schliesslich fanden wir doch noch einen vernünftigen Flug über Quito nach Lima, wo wir dann nach dieser ökologischen und ökonomischen Eskapade mitten in der Nacht ankamen (Máncora liessen wir somit sausen). Aufgrund ewig langer Schlangen an der Zollstation verpassten wir dann den letzten Nachtbus nach Huaraz und mussten wohl oder übel in Lima übernachten.
Nach einer 50stündigen Reise kamen wir dann am nächsten Tag nach komfortabler Busfahrt in Huaraz an, dem Tor für alle Ausflüge in die berühmte Cordillera Blanca und die weniger berühmte Cordillera Negra. Die Cordillera Blanca besteht, wie bereits der Name verrät, aus zahlreichen Gletschern, die ein atemberaubendes Panorama bieten. Auch der höchste Berg Perus, der Huascarán (6768m), befindet sich hier.

Links im Bild der Huascaran

In Huaraz trafen wir dann auch auf alte Bekannte von den Galapagos, Anna und Henrique. Kurzerhand schlossen wir uns ihnen am nächsten Tag für einen Ausflug zu einer der zahlreichen (und aufgrund der Gletscherschmelze immer zahlreicheren) Lagunen der Cordillera Blanca an. Die Laguna Parón war auch wirklich sehr schön, doch leider stand die 7stündige Autofahrt (meist über Schotterpisten) in keinem Verhältnis zu der knapp zweistündigen Wanderung.

Mineralien bringen die schoene blaue Farbe

Am Abend fuhren wir dann hoch ins Lazy Dog Inn, eine wunderschöne Unterkunft, die uns Timos Eltern nach ihrer Südamerikareise sehr ans Herz gelegt hatten. Diverse Wanderungen starteten direkt vor dem Tor des Inns, was uns sehr attraktiv erschien, wir hatten nämlich keine Lust mehr auf Autofahren. So wanderten wir am nächsten Tag 7h und knapp 900 Höhenmeter hoch ins Llacatal zu einer weiteren Lagune, die von einem Gletscher gespeist wird.

Der Quena Baum waechst nur oberhalb von 4000m und hat eine papierartige Rinde

Am darauf folgenden Tag entschieden wir uns, vorübergehend unsere zwei Beine gegen vier Beine einzutauschen und unternahmen mit dem kanadischen Besitzer des Inns einen Ausritt. Ich war erstaunt, wie gut diese Criollo- und Pasopferde den Weg über die zahlreichen Steine fanden, ohne auch nur einmal zu stolpern. Vor allem Timos Pferd war etwas eigensinnig, aber er konnte sich durchsetzen und blieb auch bei wildem Galopp gekonnt im Sattel sitzen.

Die Höhe (Laguna Llaca auf 4500m) hat uns bislang nichts ausgemacht, und so wurden wir mutiger (bis übermütig) und entschieden, in den nächsten Tagen eine zweitägige Wanderung zu unternehmen, die uns bis auf 5100m hoch führen sollte. Im Reiseführer war sie für drei bis vier Tage empfohlen, doch ich zog mehr zu wandernde Kilometer pro Tag einer zusätzlichen Übernachtung in der Kälte vor. Ausgestattet mit je einem zusätzlichen gemieteten Schlafsack und einem mittelschweren (Melanie) bis schweren (Timo) Rucksack machten wir uns guten Mutes früh morgens auf den Weg. Dieser führte anfangs gemächlich ansteigend durch das idyllische Quilcayhuanca-Tal. Ein Fluss plätscherte mitten durch die einst vom Gletscher plattgewalzte Wiese, wo Pferde, Esel und Kühe grasten (getrübt wurde die Idylle nur durch zwei Kuhkadaver und mehrere Skelette).

Stets genossen wir einen wunderbaren Ausblick auf mehrere Gletscher. Am Ende des Tals begann der Pfad anzusteigen. Auf 4450 Metern schlugen wir dann zum ersten Mal das Zelt auf, um einem Regenschauer auszuharren und bei Timos Camping-Kochkünsten wieder Energie zu tanken.

Die würden wir auch bitter nötig haben, wie sich herausstellen wird. Als der Regen vorüber war, entschieden wir, noch etwas höher zu steigen, damit wir nicht am nächsten Tag die ganzen Höhenmeter bewältigen müssten. Der Aufstieg war ein echter K(r)ampf, auf 4800m angekommen war ich fix und fertig. Mehrmals wünschte ich mir, einen Esel fürs Gepäck gemietet zu haben. Belohnt wurden wir mit einem tollen Ausblick auf eine weitere Lagune und schöne Gletscher.

Die Nacht in dieser Höhe war auch nicht gerade angenehm, aber dank meiner beiden Schlafsäcke war mir eher heiss als kalt (die Temperatur draussen war deutlich unter dem Gefrierpunkt).

Nebel und Schnee brachte die Dämmerung

Am nächsten Tag mussten dann irgendwie die restlichen Höhenmeter bis zur Passhöhe (5100m) überwunden werden, und zumindest in meinem Fall passt das “irgendwie” ganz gut. Alle paar Schritte musste ich stehen bleiben, um zu atmen und meinen Puls zu beruhigen. Selten habe ich mich so kraftlos gefühlt, die 250 Höhenmeter fühlten sich an wie 1000.

Melanie am Pass, Laune = schwach bis mäßig

Leider wurde unsere Anstrengung wettertechnisch nicht belohnt, die Wolken trübten den Ausblick, der bei klarem Himmel schlicht umwerfend sein muss. Zudem pfiff uns ein eiskalter Wind um die Ohren, so dass wir uns schnell an den steilen Abstieg machten. Nach einem gefühlt ewigen Marsch durch das Cojup-Tal zurück erreichten wir am späten Nachmittag ziemlich am Ende unserer Kräfte, aber gut gelaunt das Lazy Dog Inn und freuten uns auf ein leckeres Abendessen und eine tolle Suite, welche wir zum Spezialpreis bekommen haben.

Der folgende Tag wurde zum Ausruhen genutzt, denn Melanie war nicht nur erschöpft von ihrem Kampf mit dem Pass sondern auch leicht erkältet. Da haben wir das teure, aber wirklich wunderbare Lazy Dog Inn für einen Ruhetag genutzt. Auch mir macht die Höhe deutlich zu schaffen, denn auf 5000m Höhe liegt der Luftdruck und damit der verfügbare Sauerstoff für die Lunge nur noch bei 50%. Höhenkrankheitssymptome habe ich aber keine. Einzig störend ist, dass die Atmung durch die Nase fast unmöglich ist und ich somit permanent mit ausgetrockneten Rachen aufwache, was sehr unangenehm ist.
Nach dem Höhenabenteuer haben wir Huaraz wieder verlassen und sind zurück nach Lima. In Lima haben wir ein schönes Museum (Larco) besucht, welches uns die Geschichte Perus vor der spanischen Besetzung näher brachte. Neben der Inka gab es noch zahlreiche weitere, ältere präkolumbianische Kulturen, die allerdings nicht gleichermassen berühmt sind, weil sie es nicht in die Chroniken der Europäer geschafft haben. Die Europäer trafen in Peru nur noch auf die Inka und waren ja damals bekanntermassen nicht in erster Linie an Kultur interessiert.

Gold und Silber hatten die Inka, aber kein Eisen

Am Nachmittag ging es auf eine Free Walking Tour, geführt von einem Englischlehrer, der nicht nur schlechtes Englisch sprach (es war schon eher Spanglish), sondern auch Artikulationschwierigkeiten hatte. So haben wir nicht viel über Lima erfahren, aber zumindest die wichtigsten Gebäude sehen können.

Abgesehen von diesen kulturellen und schönen spanischen Gebäuden ist Lima nicht besonders attraktiv. Abends waren wir noch in einem Park, der mit vielen Springbrunnen zwar wunderschön war, aber irgendwie nicht nach Peru passt.

Videoanimation auf gesprühtem Wasser

Nach nur einem Tag sollte es weiter gehen nach Cusco. Nach langem hin und her haben wir einen Flug “gebucht”. Melanie wollte lieber mit dem Bus oder Zug fahren, um den ökologischen Fussabdruck zu minimieren, allerdings fährt der Zug nur einmal im Monat und einen wirklich attraktiven Zwischenstopp konnten wir für die lange Busfahrt auch nicht ausmachen. Also würden wir fliegen, oder auch nicht. Unüberlegt haben wir 2h vor Abflug ein Uber gerufen, welches allerdings aufgrund katholischer Prozessionen in der Innenstadt über eine Stunde zum Flughafen brauchte. Am Check-In wurde uns dann gesagt, wir hätten keine Chance mehr, denn 50min vor Abflug wäre der Check-In nicht mehr möglich. Nein, man könne das Gepäck nicht mit zum Gate nehmen und nein, man könne auch nichts mehr machen. Also zum Ticketschalter. Dort haben wir dann erfahren (ich hatte es schon geahnt), dass wir sowieso kein Ticket haben, sondern nur eine Buchungsbestätigung. Das Geld war zwar vor 2 Tagen abgebucht worden, aber eine Email mit dem endgültigen Ticket ist nie angekommen. Auch das Geld sei bei der Airline nie angekommen. “Aha. Dann hätte ich gerne das Geld zurück”, sagte ich. Das sei nicht seine Zuständigkeit, meinte der Beamte, aber ich könne bei einer Nummer anrufen. Auch eine Bestätigung, dass das Geld nicht angekommen sei (was er im System sehen konnte), könne er nicht ausstellen.

—Ich muss mich in Südamerika häufiger beherrschen, denn die Kompetenz der Angestellten bzw. deren Interesse, auch nur einen Millimeter über ihr normales Bewegungsfeld hinaus zu gehen, ist inexistent. Der Kunde ist hier lästig und nicht König. Auch von sozialen Aspekten bin ich eher enttäuscht. Beim Autofahren gilt genauso wie beim Anstehen oder über den Bürgersteig gehen das Recht des Stärkeren, und wenn der Nachteil des Anderen zum eigenen Vorteil genutzt werden kann, wird die Chance nie ausgelassen. Im Bus in Ecuador sind die alten Menschen fast umgekippt, trotzdem war ich der Einzige, der seinen Platz frei gegeben hat. Das uns in Costa Rica nicht der bezahlte 4WD gegeben wurde, interessierte auch niemanden. Ich könnte noch etliche Beispiele nennen, wo die Menschen völlig desinteressiert an der Zufriedenheit der zahlenden Kunden waren oder sie direkt belügen ohne mit der Wimper zu zucken. —

Vielleicht haben wir jetzt Glück im Unglück, denn angeblich sollen wir das Geld zurück erhalten für die zwar bezahlten, aber nie erhaltenen Flugtickets. Jetzt sitzen wir im Bus nach Cusco. 22h in einem Bus, in dem man angeblich liegen kann, allerdings nur, wer unter 170cm gross ist… Ein Tag zum Vergessen.

2 Replies to “Peru 1”

  1. Hallo ihr Zwei,
    die Bilder sind toll und eure Beschreibungen sehr unterhaltsam. Ja, man lernt sich zu beherrschen, auch wenn es einem schwerfällt und man so manches Mal den Typen hinter dem Tresen am liebsten am Schlips packen würde um ihm mal so richtig die Meinung zu geigen. Andererseits sind wir reiche Touristen, die mit deren Leben nicht das Geringste zu tun haben, nur einmal gesehen werden und dann für immer verschwinden. Wozu dann der Hassle? Und seid doch froh, sie kriegen keine Herzinfarkte ;);) Nun Spaß beiseite. Gut, dass ihr so fit seid und euch nicht die Laune verderben lasst. Das ist das Wichtigste. Viel viel Freude weiterhin und interessante Begegnungen und Ausblicke.
    Liebe Grüße
    Maria

  2. Ja, es gibt halt schon grosse Kulturunterschiede z. B. gegenüber Asien. Aber die meisten latinos sind doch liebenswürdig und freundlich und sehr ausgeglichen. Wenn man halt kaum was verdient in seinem Job, warum dann due extra Meile gehen?

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