Bolivien ist dreckig, arm und wunderschön (und auf dem absteigenden Ast)
Nach langem hin und her haben wir uns entschieden, den normalen Weg über den Titicacasee nach Bolivien einzuschlagen. Jeden Tag haben wir neue Nachrichten erhalten: “Reisende sitzen in Santa Cruz fest und die Busse fahren nur am Wochenende”; “Es gibt viele Demonstrationen, aber ohne Agressionen”; “Dynamit explodiert in den Städten”; “Eine unabhängige Kommission untersucht die Wahlergebnisse”; “Der Vorsitzende der Kommission ist zurückgetreten, denn er ist nicht unabhängig”.
Was glauben? Was machen?
In Bolivien gab es Präsidentschaftswahlen und Evo Morales (erster indigener Präsident Boliviens und ehemaliger Cocabauer) tritt zum vierten Mal an, obwohl in der Verfassung nur 2 Amtszeiten vorgesehen sind. Vor 2 Jahren wollte er die Verfassung ändern, hat die Volksabstimmung aber mit 51% zu 49% verloren. Daher hat er sich vom obersten Gerichtshof (der von dem von Evos Partei dominierten Senat gewählt wird) eine Ausnahmeregelung geholt. Sein ärgster Konkurrent ist Carlos Mesa. Mesa war vor 14 Jahren schon mal Interimspräsident, bevor Evo an die Macht kam und ist in Kalifornien aufgewachsen.
Die ersten Prognosen ergeben wie erwartet ein “Kopf an Kopf” Rennen der beiden Favoriten. Dann wird die Hochrechnung für 24h ausgesetzt. Die nächste Hochrechnung ergibt einen 10.5% Vorsprung für Evo bei ca. 42% Zustimmung. Laut Verfassung gibt es eine Stichwahl, wenn der Vorsprung unter 10% beträgt, wenn er grösser ist, endet die Wahl. Kurz darauf steht das finale Ergebnis fest und der Vorsprung beträgt nun 10.6%. Wahlbeobachter melden Unregelmäßigkeiten und die Unruhe wächst, nachdem andere Staaten die Ergebnisse anzweifeln (meist rechts orientiere Staaten, während die sozialistischen Evo unterstützen). Demonstrationen starten besonders in den östlichen Regionen, die deutlich reicher sind und fast die gesamte Nahrung des Landes stellen.
Sich eine eigene Meinung zu bilden ist schwierig. Bolivien ist sehr arm, allerdings ist die Wirtschaft seit Evo an der Macht ist jedes Jahr gewachsen. Die extreme Armut ist angeblich zurückgegangen und er unterstützt die Armen mit einem sozialistischen Ansatz. Auf der anderen Seite arbeiten weiterhin Elfjährige in den Minen Potosis (Filmtipp: The devil’s miner), die Umweltverschmutzung ist ähnlich extrem wie die Korruption und die Ressourcen des Landes führen nicht zu einer Verbesserung der Lebensqualität der Allgemeinheit. UND nicht zu vergessen sieht die Verfassung nur zwei Amtszeiten vor. Wir sympathisieren also mit den Demonstranten, allerdings ist in Anbetracht der Stabilität des Landes gegenüber seinen immer wieder kollabierenden Nachbarstaaten wie Argentinien, Brasilien, Venezuela und auch Kolumbien eine Unterstützung Evos auch nachvollziehbar. Auffallend erschreckend ist, wie stark gefärbt jede Berichterstattung ist. Während wir in La Paz sitzen, können wir nicht nachvollziehen, was die Medien schreiben. Mein erstes Erlebnis von gefälschten Nachrichten…
In Copacabana am Titicacasee ist alles ruhig. Der See ist aber ebenso unspektakulär, wie wir aufgrund vieler Berichte erwartet haben und das Dorf ist schlichtweg uninteressant. Bei der Einreise mussten wir 2 peruanische Sol oder 4 Bolivianos zahlen. Da der Busfahrer allerdings kein Wechselgeld in Bolivianos geben konnte, haben wir uns geweigert zu zahlen. Daraufhin mussten wir nicht zahlen. Es ist ein guter Tipp, nach einer Quittung zu fragen, häufig ergibt sich dann die Notwendigkeit der Zahlung.
In Copacabana besucht man die Isla del Sol. Ein heiliger Ort der Inkas, da hier der Sonnengott die ersten Inkas auf die Erde niedergelassen hat. Die Insel ist schön, aber wenig begeisternd.
Interessant ist, dass drei Kommunen auf der Insel leben, die sich heftig zerstritten haben. Zuletzt wurde ein Hotel kurz vor der Fertigstellung in die Luft gesprengt und vor 3 Jahren starb eine Touristin, als sie zur nördlichen Inselseite laufen wollte. Sie wurde umgebracht, allerdings ist bis heute nicht geklärt, von wem. Seither besucht man nur noch den südlichen Teil und der Norden (2 von 3 Kommunen) erhält gar keine Besucher mehr. Hier ein Blick auf die nördlichen Orte.
Vor Ort haben wir zwei Schweizer getroffen, die mit dem Rad von Bolivien nach Panama fahren und gerade aus La Paz kamen. Sie bestätigten die bisherigen Informationen von wilden Demonstrationen, die allerdings nie aggressiv und erst recht nicht gegen Gringos gerichtet sind. Also sind wir weiter gezogen.
La Paz wurde gerade von einem Gewitter heim gesucht, als wir ankamen, und versank im Chaos (hier lächeln alle, die bereits in La Paz waren, denn La Paz ist unabhängig vom Wetter immer Chaos).
Der Bus hat uns in El Alto rausgeschmissen, da der Verkehr und der Hagel eine Weiterfahrt verhinderten. El Alto ist eine Stadt, die oberhalb von La Paz in einer Ebene liegt und in La Paz reingewachsen ist. La Paz erstreckt sich von 4100m bis 3200m .
Eins der besten Infrastrukturprojekte, die ich je gesehen habe, wurde vor 5 Jahren in La Paz eröffnet. Über ganz La Paz schweben Gondeln 8 verschiedener Linien, die einem ermöglichen, das Verkehrschaos zu überfliegen. So gelangten wir dann auch zu unserem Hotel im Zentrum der Stadt.
Uns wurde gesagt, wir sollten uns von dem Süden fernhalten und nahe am Zentrum bleiben. Eindeutige Fehlinformation. Unser schönes Hotel liegt unweit von der Plaza de Armas, also dem jeweiligen Stadtzentrum jeder Stadt Südamerikas. Dort befinden sich auch die Regierungsgebäude und damit auch das Zentrum des Konfliktes von La Paz (später mehr).
In La Paz haben wir erstmal den berühmten Hexenmarkt besucht, der weniger Hexenmarkt, sondern eher Touriloch geworden ist. Lamaföten hängen trotzdem am Eingang. Diese sollen die Menschen beschützen, weshalb tausende Lamas pro Jahr mit Gift zur Abtreibung gezwungen werden.
Direkt oberhalb dieses Hexenmarktes erstreckt sich ein Strassenmarkt über mehrere Kilometer. Auf diesem Markt sind die Stände sortiert nach Verkaufsobjekten. Genauso muss man sich wohl die früheren Gilden vorstellen.
Am zweiten Tag haben wir eine Gondeltour durch La Paz gebucht. Mit einem guten Guide sind wir über die Stadt gegondelt. Er hat nicht nur die einzelnen Stadtteile beschrieben, sondern auch viel über die politische Situation erzählt. La Paz besteht aus unterschiedlichsten Stadtteilen. Hochhäuser in der Mitte,
Backstein- oder Wellblechhäuser weiter oben
und Luxusvillen im Süden (die wir wegen der Proteste nicht besuchen konnten). Alles direkt neben Wüstengebiet. Die ganze Stadt ist auf Sandstein gebaut und regelmäßig rutschen Häuser den Hang hinab. Man kann die Bewohner in absturz gefährdeten Häusern nicht zum Umzug zwingen, aber man kann ihnen einen solchen nahelegen, indem man ihnen das Wasser und die Elektrizität abdreht.
Eine Gondelfahrt kostet 50 Cent und ein Busticket 35 Cent, so dass eine Gondelfahrt auch für die Einheimischen sehr attraktiv ist. Eine super Idee, die deutlich günstiger ist als eine U-bahn und aufgrund der Topografie perfekt passt. In Deutschland wäre so ein Projekt aufgrund der Privatsphäre nie und nimmer umsetzbar.
Der dritte Tag stand im Zeichen des Todes. Wir sind mit Mountain Bikes die Deathroad runter gefahren. Ein uns viel empfohlenes und wirklich adrenalinreiches Erlebnis. 64 km bergab, von 4800 Metern über dem Meer bis in den Regenwald auf 1000m Höhe. Die Deathroad wurde früher von den Inkas genutzt, um vom Amazonas in\über die Anden zu kommen. In den 1930ern wurde sie zu einer “zwei”-spurigen Strasse ausgebaut. Die Arbeit erledigten paraguayische Kriegsgefangene des Chacokrieges. Ein Krieg, den Bolivien (wie jeder andere) verlor und der den Verlust einer riesigen Region nach sich zog (da kann man als Deutscher leicht mitfühlen). Schon bei den Arbeiten kamen viele Menschen ums Leben, allerdings ähnlich viele nach der Eröffnung der Strasse. Es geht teilweise 500m senkrecht hinab neben der Strasse und eine kleine Unachtsamkeit kostet meist das Leben. Mittlerweile stirbt nur noch ein Tourist pro Jahr bei der Abfahrt, denn eine alternative, geteerte Strasse ist seit 2007 in Betrieb. Da im Januar 2019 bereits ein Neuseeländer über die Klippen in den Tod gestürzt ist, war unser Risiko, statistisch evaluiert, minimal!
Zurück zu den Unruhen:
Am Abend vor der Todesstrasse waren wir nämlich in größerer Gefahr. Aufgrund des Konflikts und der zunehmenden Anzahl an Dynamitexplosionen mit fortschreitender Stunde hatten wir den ersten Abend im Hotel gegessen und am zweiten Abend ein sehr schickes Restaurant in 100m Entfernung vom Hotel aufgesucht. 100m zu viel. Sobald es öffnete, waren wir schon drin und ließen uns ein 6-Gang Menü mit Weinbegleitung servieren. Auffällig war, dass wir die einzigen Gäste waren:
Nach Gang 4 kam der Besitzer zu uns und sagte: “I’ll make it short, you will have to leave now!” Ja, wir hatten uns schon gefragt, ob die zunehmenden Detonationen vor dem Eingang Grund zur Sorge seien könnten. Wir wurden (ohne bezahlen zu müssen) zum Hinterausgang geschleust, aber nicht raus gelassen. Zu gefährlich. Wir saßen dann in einer Art Büro und konnten am Fernseher verfolgen was in der Strasse unseres Hotels und gleichzeitig 100m entfernt vor sich ging. Hier eine Aufnahme unserer Strasse im grossen Bild:
Irgendwann wurden wir dann einem vermummten Demonstranten anvertraut, der mit uns zum Hotel gerannt ist. Trotz all dieser Eindrücke empfanden wir die Situation nicht als sehr gefährlich. Bis wir La Paz verlassen haben, gab es auch keine Toten oder Schwerverletzte. Es war sehr laut und teilweise auch aggressiv, aber nicht mehr. Leider ist es mittlerweile anders.
Die Abreise aus La Paz verlief leider auch anders als erwartet. Der gebuchte Bus ist nie gefahren, denn im Busbahnhof war schon seit Tagen nichts mehr los:
Also auf in ein neues Hotel und abwarten. (Ich habe inzwischen 3 Buchungen reklamiert in Südamerika, bei welchen die Zahlung nicht erstattet wurde, nachdem der Transport ausgefallen war). Mittlerweile waren auch die Galapagosschweizer Sandrin und Basil zu uns gestoßen und saßen ebenfalls fest. Mit ihnen werden wir später durch die Salzwüste ziehen. Im neuen Partyhotel habe ich immer wieder die Homepage von 2 Fluggesellschaften aktualisiert und plötzlich waren wieder Tickets für übermorgen verfügbar (kein Wunder, denn viele Reisen nach Bolivien werden momentan storniert oder die Menschen kommen aufgrund der Strassenblockaden gar nicht erst zum Abflugsort). Ich habe sofort 4 Tickets nach Uyuni gebucht. Diese Entscheidung entpuppte sich mehrfach als falsch und wieder als richtig. Am Tag vor dem Abflug gab der Präsident Neuwahlen bekannt, denn die “unabhängige” Wahlkommission hatte erhebliche Bedenken an den Wahlergebnissen vermeldet (und bis heute keine Beweise vorgelegt). Wir dachten, jetzt kehre Ruhe ein und der Flug wäre umsonst, aber weit gefehlt. Sowohl der Rücktritt (bis heute nicht schriftlich), als auch die Flucht des Präsidenten nach Mexiko haben nur zur weiteren Eskalationen geführt. Mittlerweile randalieren die Anhänger des Präsidenten in La Paz, es gab bereits mehrere Tote, die Gondeln wurden beschädigt und stehen still, kein Bus hat die Stadt seit 10 Tagen verlassen, Gebäude brennen usw. Und was macht der gute Evo Morales aus Mexiko? Er gießt mit giftigen Ansagen noch mehr Öl ins Feuer… Mittlerweile kann ich mich nicht mehr für ihn erwärmen, auch wenn er am Ende angeblich vom Militär unter Druck gesetzt wurde.
Der Flug war also Gold wert, wie wir zuletzt bei der Anreise zum Flughafen bemerkten. Mittlerweile brannten auf jeder Strasse Autoreifen und wir mussten einige Blöcke gehen, bevor wir ein auseinander fallendes Taxi fanden.
Am Tag der Abreise ist es dann völlig eskaliert in La Paz. Mittlerweile hat die Interimspräsidentin übernommen und anstatt auf Deeskalation und Neuwahlen hinzusteuern, besetzt sie die Regierung mit Evo’s Gegnern, kappt Verbindungen zu Evo-Treuen wie Venezuela und Cuba, bedroht die Medien und gibt dem Militär Rechtsfreiheit bei der Einhaltung der öffentlichen Ordnung. Am Tag darauf sterben 8 Evo-Anhänger bei Protesten durch Polizeikugeln. Wirklich sehr traurig zu sehen, wie ein Land auf einen Bürgerkrieg zusteuert.
Uns für einen Anbieter für eine Tour durch die Salzwüste Uyunis bis nach Chile zu entscheiden, fiel uns nicht schwer, da es in ganz Uyuni genau eine kompetente Frau gab (alle anderen glänzten durch komplette Ahnungslosigkeit). Die 5-tägige Tour, zusammengestellt nach unserem Gusto, sollte in zwei Tagen starten: nur wir vier in einem Jeep mit einem ausschliesslich spanisch sprechenden Fahrer (ein englisch sprechender Guide hätte uns 60 Dollar pro Tag gekostet).
Die nächsten beiden Tage nutzten wir zur Erholung von den Turbulenzen in La Paz und bezogen zwei Doppelzimmer in einem 5-Sterne-Salzhotel etwas ausserhalb des hässlichen Städtchens Uyuni, am Rand der Salzwüste. Einige Säulen und Wände des Hotels und die Kuppeln der Zimmerdecken waren tatsächlich aus Salz gebaut, ansonsten hielt sich sowohl die Salz-, als auch die 5-Sterne-Erfahrung in Grenzen.
Das Buffet war in vegetarischer Hinsicht enttäuschend (Einschub: Bolivien ist vielleicht das Land mit dem kuriosesten Verständnis von Vegetarismus. Ich frage: “Esto contiene carne?” und erhalte zur Antwort: “No, solo jamón.” Auf meinen Einwand “Pero jamón es carne!?” ernte ich nur verständnislose Blicke.) und Sandrine hat sich gar den Magen daran verdorben, und die Fahrräder, die wir für einen ersten Ausflug in den Salar gemietet haben, waren in desolatem Zustand. “Rezeptionsschreck” Timo gab dem Hotel zwar ein vernichtendes Feedback, aber wir liessen uns die Laune dennoch nicht verderben und verbrachten zwei erholsame Tage am Rand der Salzwüste, die ich auch dazu nutzte, meine Treffsicherheit im Billard zu verbessern (das einzige Spiel, zu dem wir Basil überreden konnten- jassen wollte er partout nicht).
Am darauffolgenden Morgen wurden wir auch schon von unserem Fahrer Edwin abgeholt und bald war um uns herum nichts als weisse Weite, durch die sich lediglich etwas dunklere Jeepspuren zogen. Salz soweit das Auge reicht. Dieses Salz wird an gewissen Stellen auch abgebaut und zu Speisesalz weiterverarbeitet. Allerdings wird es nicht exportiert, da es nur bolivianischen Standards genügt.
Die Insel Incahuasi bot mit ihren riesigen Kakteen ein bizarres Bild inmitten des Meeres aus Weiss. Da Kakteen nur einige Millimeter pro Jahr wachsen, geht man davon aus, dass die grössten Kakteen dieser Insel 1000 Jahre alt sein müssen.
Dann taten wir, was alle Touristen im Salar de Uyuni machen: lustige Perspektivenfotos schiessen (mit mässigem Erfolg). Das Resultat:
Faszinierend sind auch die Unterschiede der Salzoberfläche, welche sich aufgrund von Niederschlägen, und Temperaturen stark unterscheiden:
Übernachtet haben wir dann in einem Hostel am anderen Ende des Salars (es ist nicht mehr erlaubt, Hotels im Salar selbst zu betreiben), und hier kamen wir doch noch zu einer echten Salzerfahrung. Selbst die Möbel waren in dieser bescheidenen, aber komfortablen Unterkunft aus Salz.
Vor dem Abendessen fuhren wir nochmals in den Salar, um den Sonnenuntergang anzuschauen.
Edwin tat alles für unser Wohlbefinden und unsere Zufriedenheit und stellte sicher, dass wir jeweils über die Route des nächsten Tages Bescheid wussten und sie für gut befanden.
Der zweite Tag war geprägt von verschiedenfarbigen, teils nach Schwefel stinkenden Lagunen, welche von unzähligen Flamingos bewohnt waren.
Die Landschaft war malerisch, und die letzte Lagune, Laguna Colorada, war schlicht umwerfend schön in ihrer Farbenpracht! Im Schnitt ist der salzige See nur 0.5 Meter tief, aber 60 Quadratkilometer gross. Bis zu 20.000 Flamingos leben im Sommer hier! Ihre Farbexplosion verdankt die Lagune roten Algen und einem hohen Gehalt an kupferhaltigen Mineralien.
Beim Mittagessen erhielten wir Gesellschaft von zahlreichen süssen, frechen Vizcachas (eine Mischung zwischen Känguru, Hase, Eichhörnchen und Ratte), die versuchten, von unserem Mahl zu stibizen.
Ausser den verschiedenen Lagunen
sahen wir noch den “Arbol de Piedra”, bei dem es sich nicht um einen echten Baum handelt, sondern um einen Felsbrocken, der durch die Winde geformt worden war. Ein paar Wüstenfüchse schlichen um ihn herum.
Zum Abschluss des Tages fuhren wir in eine mondartige Landschaft voller Geysire. Absperrungen gab es in südamerikanischer Manier keine (das Wort “Touristenfalle” bekommt hier eine ganz neue Bedeutung) und so konnten wir das Zischen und Brodeln der Geysire aus nächster Nähe erleben.
Sogar ein bisschen zu nah:
Übernachtet haben wir wiederum in einer sehr einfachen Unterkunft. Obwohl die Temperaturen tagsüber angenehm waren, wurde es nachts empfindlich kalt und wir waren froh um die drei dicken Wolldecken.
Die Fahrten im Jeep waren bisweilen sehr holprig und dauerten manchmal Stunden, aber es boten sich immer wieder wunderbare Motive:
“Vamos a ver solo rocas.” Mit diesen Worten kündete Edwin den dritten Tag an, und tatsächlichen waren grosse Felsbrocken dessen Motto. Wir fuhren ins Valle de las Rocas, wo wir eben bizarre Felsbrocken verschiedenster Formen zu sehen bekamen, der Fantasie des Betrachters waren keine Grenzen gesetzt. Einige waren eindeutig erkennbar, so wie der WM-Pokal.
Die Felslandschaft “Italia perdida” verdankt ihren Namen einem italienischen Touristen, der sich hier mal veirrt haben soll (keine Angst, er ist wieder aufgetaucht).
Übernachtet haben wir im Örtchen Quetena chica, mehr oder weniger am Fusse des Vulkans Uturuncu, den wir am nächsten Tag besteigen wollten. Am Abend trafen wir unseren Bergführer Marcos, dessen Begleitung wir für die Besteigung obligatorischerweise in Anspruch nehmen müssen. Wir freuten uns alle, dass wir erst um 6.30 Uhr aufbrechen müssten (wir hatten eine Uhrzeit mitten in der Nacht befürchtet). Marcos erzählte mir, dass er seine Frau und einen seiner Söhne bei einem Autounfall vor zwei Jahren verloren habe und bat mich um Schmerzmittel für seine Tochter, die unter heftigen Zahnschmerzen litt. Die traurige Realität, in welcher die meisten Bolivianer leben, bringt mich immer wieder ins Grübeln. Auch unser Fahrer Edwin hatte früh seine Mutter verloren und gelangte als zehnjähriger Wirtschaftsflüchtling nach Argentinien, wo bereits zwei seiner Geschwister lebten, denen er dann bei der Arbeit auf dem Feld half.
Der Uturuncu ist 6008m hoch und wohl einer der einfachsten 6000er, da man auf einer Schotterpiste bis auf 5600 Meter hochfahren kann. Die Strasse geht bis auf 5900 Meter zu einer Schwefelmiene und ist damit die angeblich höchste Strasse der Welt.
Für die letzten Höhenmeter benötigten wir aber dennoch zwei Stunden, weil man das Wandertempo auf dieser Höhe arg drosseln muss (ausser Edwin, der rannte erstaunlicherweise wie eine Gemse den Berg hoch, klagte aber am Abend über Muskelkater). Auch das Kauen von Cocablättern hilft gegen Höhenkrankheitssymptome. Oben angekommen genossen wir eine atemberaubende Sicht auf die umliegende, vulkanisch geprägte Berglandschaft.
Weil Regen im Anzug war, machten wir uns aber schon bald wieder an den Abstieg.
Den Tag liessen wir in natürlichen Hotsprings ausklingen, und hier trafen wir eigentlich zum ersten Mal auf andere Touristen und mussten unsere bescheidene Unterkunft mit einer Horde lauter Mexikaner teilen.
Früh aufstehen hiess es auch am letzten Tag, da wir vor 9 Uhr an der chilenischen Grenze sein sollten. So fuhren wir früh morgens durch die wunderschöne Salvador-Dali-Wüste. Besonders gut gefallen haben uns die Farben der Berge.
Letzter Stopp war dann die Laguna blanca, in deren weissem Wasser sich die Berge spiegelten.
Der Südwesten Boliviens ist einfach ein wunderschönes Fleckchen Erde, das uns so manches Mal sprachlos machte, und gehört unbedingt auf die Liste der Reiseziele!
Pünktlich kamen wir bei der Grenze an, wo wir uns etwas wehmütig von Edwin und seinem Jeep verabschiedeten. Wir sind zwar etwas traurig, dass wir Bolivien bereits wieder verlassen und aufgrund der Unruhen nicht mehr von diesem eindrücklichen Land entdecken konnten, aber auch überwältigt von all den wunderbaren Eindrücken der letzten fünf Tage und von unseren interessanten Erlebnissen in La Paz. Für das Land und seine Bewohner wünschen wir uns, dass so bald wie möglich wieder Ruhe einkehrt. Wir freuen uns jetzt auf Chile und vor allem auf Timos grosses Traumreiseziel: Patagonien!