Die 20 Kilometer

Ein Regenmonat geht vorbei. Seit meinem letzten Bericht, mit schönen Frühlingsbildern ist der Frühling dem April gewichen. Es regnet tagein tagaus. Ein positiver Nebeneffekt ist frischer Schnee in den Alpen, aber ich habe leider den schönen Volvo nicht mehr und zudem kommt der Regen ja auch irgendwo her. Wo?, das werden nicht nur die Meteorologen unter euch wissen: Ja genau, aus den Wolken. In denen hängen auch die Berge und so ist es schwierig einen geeigneten Tag zu finden, um noch ein letztes Mal der Welt mein schönes Brett zu zeigen.

So verstaubt es schon seit Wochen auf der Ablage. Mit dem Wetter ist auch mein allgemeiner Gemütszustand in den Keller gegangen. Während ich die EPFL anfangs noch als gleichwertig zu dem schlechten deutschen Bildungssystem gesehen habe, ist ihre Bilanz im 2ten Halbjahr deutlich schlechter ausgefallen. Ob es daran liegt, dass jetzt die Mehrzahl meiner Professoren aus dem benachbarten Frankreich kommt, wage ich nicht zu postulieren. Allerdings schmälern die Erzählungen meines Bruders und die Erfahrungen mit meinem Mitbewohner den Verdacht nicht gerade. So würde ich noch nichtmals gehedgete Derivate des Französischen Bildungssystems kaufen… Nach einem ebenso unverständlichen wie platten Übergang ist jetzt das Thema Banken an der Reihe.

vUm es mal auf den Punkt zu bringen: Die mögen mich nicht. Aber es gehört wohl zu jedem Leben eines jungen Mannes dazu für unmessbaren Aufwand einfach enttäuscht zu werden. So schreibe ich eine Bewerbung nach der Anderen und erhalte im gleichen Rhythmus eine Ablehnung nach der Anderen. C’est la vie. So wird es wahrscheinlicher, dass mein Sommer nicht im heißgeliebten Zürich stattfindet, sondern wieder im schönen Karlsruhe. Aber noch ist nicht aller Tage Abend. Was macht ein Timo, wenn er die Uni blöd findet und das Wetter scheisse ist? Es war wohl nicht schwer zu erraten: Sport. Sechs bis sieben Mal die Woche. Zum ersten Mal in meinem Leben gehe ich joggen. Zwei Tage die Woche. Und auch nach Trainingseinheit Nr. 10 kann ich behaupten, mein langer dünner Körper ist zwar fürs Laufen geschaffen, aber es macht einfach keinen Spaß. Seit 2 Tagen ist mein Läuferdasein aber auch wieder beendet.

Ich habe die 10km so schnell gelaufen wie ich es mir vorgenommen habe. Ich bin in Lausanne 3-mal bis zur Kathedrale die 280 Höhenmeter hochgerannt und habe die 20km von Lausanne in einer mehr als zufriedenstellenden Zeit hinter mich gebracht. Neben mir liegt noch die Medaille vom Samstagabend, aber das wichtige ist das T-Shirt hinter mir. Es ist wunderschön in königsblau mit neon-grüner Schrift. Ich werde es mit Stolz tragen… Die 20km sind am Hafen gestartet mit knapp 10.000 Läufern. Es ging den Berg hoch und wieder runter und wieder hoch und wieder runter und dann endgültig hoch zur Kathedrale. Ich schätze mal insgesamt 400 Höhenmeter bis oben. Dass die Temperatur genau an diesem Samstag von normalerweise 10 Grad auf 25 Grad angestiegen ist, hat den Lauf nicht gerade vereinfacht. Natürlich ging es die letzten 6 km den ganzen Weg auch wieder nach unten. Leider musste ich ab Kilometer 11 mit Bauchschmerzen kämpfen, was mir einen unliebsamen Zwischenstopp eingebracht hat. Aber wie der liebe Norweger mir noch zugerufen hat, bevor er von dannen zog: Pain is temporary, Pride is forever. Auf dem letzten Kilometer bin ich nochmals an bestimmt 50 Läufern vorbeigezogen und im Ziel fast zusammengeklappt. Das hat mir dann wahrscheinlich die Bauchschmerzen für den Rest des Abends eingebrockt, aber naja. Glücklich bin ich danach ins Bett gefallen. Ich werde bestimmt dem ein oder anderen noch persönlich von diesem schönen Erlebnis berichten. Die Stimmung in der Stadt, der alte Mann der auf das Dach seines alten Citroën zwei riesige Boxen geschnallt hatte, die vielen Bands, die Zuschauer, die dich mit deinem Namen rufen und anpeitschen, all das waren die blöden Läufe wert. Der liebe Paul ist auch mit gelaufen und das nach sehr kurzer Trainingsphase. Respekt.

Jetzt sind es noch 2 Monate und das ist auch gut so. Ich werde meine Laufschuhe gegen meine Basketballschuhe eintauschen und mich so langsam wieder auf ein Niveau bringen, mit dem ich meiner Mannschaft in Karlsruhe weiterhelfen kann. Ich freu mich schon richtig auf unfähige Schiedsrichter, keine Trainingsbeteiligung und einen fluchenden Trainer. Es war wohl zu erwarten, dass mich die blauen Lauftreter nicht glücklich machen, denn meine Liebe ist gelb und trägt meinen Namen, meine Basketballschuhe. Apropos gelb, ich hab gehört bald ist Meisterfeier… Kommt ihr mit den 2ten Stern feiern?

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